Stellungnahme der „Freie Wähler“ Fraktion des Kreistages zum Kreispflegeplan von BM Norbert Sailer

Sehr geehrter Herr Landrat,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

vor uns liegt die Fortschreibung des Kreispflegeplanes 2016, über den es heute zu beschließen gilt. Seit der Vorstellung im Sozialausschuss sind hierzu keine Änderungswünsche von Seiten der Politik geäußert worden. Dies liegt zum einen an der soliden Arbeit der Mitarbeitenden des Landkreises bei der Datenerhebung, für die ich im Namen der Freien Wähler Fraktion meine Wertschätzung ausdrücken möchte, aber auch daran, dass die Fortschreibung eine gewisse Sprachlosigkeit hervorruft und guter Rat sprichwörtlich teuer ist. Einerseits haben wir jetzt mit der Erhebung der statistischen Daten durch unsere eignen Pflegeplanenden ein sehr gutes Gefühl, was die Datenbasis angeht und eine verlässliche Grundlage, auf die wir bei den einzuleitenden Maßnahmen aufbauen können, auch wenn diese Basis zu sehr großen Anstrengungen anspornen muss.

Wir müssen den Tatsachen ins Auge schauen und müssen von einem sich bereits abzeichnenden „Pflegenotstand“ ausgehen. Das größte Problem dabei ist nicht, dass es keine Pflegeplätze gibt, sondern, dass es nicht genug Personal geben wird, um die Plätze zu versorgen. Pflegeheime lassen sich aktuell wirtschaftlich betreiben, insofern würde es auch Investoren geben. Aber nachdem schon jetzt Personalmangel herrscht, fürchten die Betreiber, dass der „Kampf ums Personal“ beginnt, den dann u.U. nur die finanziell gut ausgestatteten Träger gewinnen können…

Auch aus diesem Grund ist es weiterhin sinnvoll, den Seniorinnen und Senioren so lange als möglich ein Leben zuhause in eigener Verantwortung und Eigenständigkeit zu ermöglichen. In aller Regel ist dies auch deren ausdrücklicher Wunsch. Dieser Wunsch kann erfüllt werden, sofern und soweit eine Familie oder aktive Nachbarschaft vorhanden ist und tatkräftig Unterstützung gibt. Mobile Dienste sind eine sinnvolle und notwendige Ergänzung zur Entlastung und Unterstützung der Pflegenden zuhause, auch damit diese einmal selbst eine Auszeit nehmen können, um Kraft zu tanken oder während eigener Krankheitszeiten eine Vertretung gewährleistet ist. Doch auch bei der mobilen Pflege fehlt Personal. Pflege zu Hause kann jedoch nur gelingen, wenn eine seniorengerechte Wohnung vorhanden ist. Senioren- oder intergenerative Wohngemeinschaften sind weitere wunderbar geeignete Möglichkeiten, um die Nachfrage von Pflegeheimplätzen zu ergänzen.

Neben der Schaffung einer bedarfsgerechten Anzahl von Pflegeplätzen muss es deshalb vorrangiges Ziel sein, den Bedarf an vollstationärer Pflege mit adäquaten kompensatorischen Maßnahmen so gering wie möglich zu halten. Den Bedarf an den dringend notwendigen Pflegeheimplätzen können wir jedoch nur decken, wenn hierfür auch die erforderlichen Pflegekräfte gewonnen werden können. Zudem müssen wir alles dafür tun, dass Pflegekräfte im Pflegeberuf bleiben wollen und wenn möglich, bereits Umorientierte wieder dahin zurückkehren. Die maßgeblichen Stellschrauben sind dabei die Arbeitsbedingungen, welche annehmbarer und attraktiver sein müssen.

Eine weitere Stellschraube ist die Fehlbelegung von Wohnraum zu vermeiden. Für Seniorinnen und Senioren gilt es einen Anreiz zu schaffen, dass das liebgewonnene aber inzwischen viel zu große Einfamilienhaus für junge Familien freigezogen wird, um sich rechtzeitig in einer seniorengerechten Wohnung einzurichten. Vielleicht machen die Senioren mittels der von der Kreisverwaltung vorgeschlagenen Drei-D-Brillen die Erfahrung, welches Sie von der Sinnhaftigkeit vom Umzug in eine altersgerechte Wohnung überzeugen kann.

Diese freiwillige Wohnraumlenkung durch Allokation ist nicht nur im Sinne einer angemessenen Wohnraumbelegung sinnvoll, sondern auch der Weg zu einer vorgezogenen energetischen Sanierung von Bausubstanz, welche sonst erst in 15 – 20 Jahren ertüchtigt werden könnte – also ein sehr nachhaltiges Konzept.

Die von der Kreisverwaltung vorgeschlagene Schwerpunktsetzung sowie die mittel- und langfristigen Maßnahmen halten wir für dringend erforderlich und angemessen. Wir wünschen allen Beteiligten gutes Gelingen sowie offene Ohren und Herzen!