Kreisrat Maximilian Friedrich – Stellungnahme der Freien Wähler Fraktion zum Haushalt des Rems-Murr-Kreises 2021

Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Sigel, sehr geehrter Herr Finanzdezernent Schäfer,  werte Kolleginnen und Kollegen des Kreistags, verehrte Zuhörer und Gäste,

angesichts der sich immer schneller verändernden Rahmenbedingungen in den letzten Tagen und Wochen ist mir der Song „We Didn’t Start the Fire“ von Billy Joel in den Sinn gekommen. Ungewöhnlich an diesem Stück ist der Aufbau des Textes, der – abgesehen vom Refrain – fast ausschließlich aus der Aneinanderreihung von Schlagworten zu zeitgeschichtlichen Themen aus den Jahren 1949, dem Geburtsjahr Joels, bis 1989, dem Erscheinungsjahr, besteht. Schlag auf Schlag reihen sich die Ereignisse hier aneinander. 

In meiner Wahrnehmung ist das bei uns im Rems-Murr-Kreis derzeit ganz ähnlich:

Klimawandel, 

Artenschutz, 

CO2-neutral und Umweltschutz, 

AWRM, Kliniken und Immobilienkonzeption. 

Digitalisierung,

Corona, 

Homeoffice,

und DRK,

Kreismedienzentrum – Thinktank rundum,

Gesundheitsamt, 

Kreisforstamt und 

Waldakademie.

Pflegestützpunkt,

Kreisumlage,

Soziallastenausgleich, 

Finanzierungsfrage,

Mountainbiker, 

Wasserstoff für 

Busse, Wiesel, Klimaschutz.

Arbeitsstau an manchen Orten,

Wohnungsbau und Straßen betroffen,

Radwege und Tiefgaragen noch dazu,

die Kreisbau schafft rund um die Uhr.

ÖPNV barrierefrei,

Biomusterregion, meiomei,

ein großer Dank von unserer Seite

an Landrat und Verwaltung hier und heute.

Meine Damen und Herren, 

das bei uns vor Ort geleistete Pensum ist zweifelsohne beachtlich. Und wer hätte noch vor einem Jahr gedacht, vor welche Herausforderungen wir in 2020 zusätzlich gestellt werden? 

Noch zu Beginn des Jahres hätte sich vermutlich keiner ausmalen können, mit welchen Themen und Aufgaben wir uns auseinandersetzen müssen. So gilt in diesen Zeiten:

„Umso mehr wir uns trennen, 

halten wir zusammen.“

Am 27. Januar 2020 konnte zum ersten Mal ein Corona-Fall in Deutschland nachweislich bestätigt werden. Bereits im März 2020 sind die Infektionszahlen bundesweit soweit angestiegen, dass mit der Landesverordnung zum 16. März 2020 viele Geschäfte, aber auch Schulen und Kitas geschlossen wurden. Es folgte der bundesweit erste Lockdown in der Geschichte der Bundesrepublik. Eine große Belastung für das soziale Miteinander, für Familien, für das öffentliche Leben sowie für viele Wirtschaftsbetriebe in unserem Land. 

Derzeit befinden wir uns mitten in der prognostizierten zweiten Welle, die auch Deutschland erfasst hat, wenngleich erfreulicherweise bislang zumindest schwächer als in vielen unserer Nachbarländer. Wir danken dem Gesundheitsamt und den Kliniken mit all ihren Beschäftigten für den aufopferungsvollen Einsatz, der oft die Grenzen der Belastbarkeit überstiegen hat. Hier hat sich anschaulich gezeigt, wie wichtig ein modernes, funktionierendes Gesundheitswesen in öffentlicher Trägerschaft ist. Dazu sowie zu unserem Versorgungsauftrag für den gesamten Landkreis bekennt sich die Fraktion der Freien Wähler ohne Wenn und Aber.

Immer stärker zeigt sich nach unserer Wahrnehmung aber auch, dass verschiedene Bereiche von den Auswirkungen der Pandemie besonders betroffen sind und nun eine echte Perspektive von Seiten der Politik benötigen. Hierzu zählen nicht nur die Kultur, sondern insbesondere Soloselbständige, die Gastronomie, der Vereinssport oder auch die Kinder- und Jugendhilfe, die alle derzeit mit starken Einschränkungen leben müssen.

Meine Damen und Herren,

wir leben nun in einer Zeit, in der Bund, Länder und Kommunen unermüdlich Hand in Hand zusammenarbeiten mussten und weiterhin müssen. Eine Zeit, in welcher von Tag zu Tag für das Allgemeinwohl unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger zentrale Entscheidungen getroffen werden mussten und müssen, die sich jeweils unmittelbar auswirken. 

Doch nicht nur die Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden stand im Vordergrund, sondern auch die Solidarität und das Engagement der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, in Europa und weltweit. Ein Einschnitt in das Leben aller. Eine Zeit, wie wir sie bislang noch nicht erlebt haben. Eine Zeit, in der wir insbesondere für die Schwächeren in unserer Gesellschaft einstehen müssen. Eine Zeit in welcher wir uns mit Abstand nahe sein müssen. 

Meine Damen und Herren, 

die Corona-Pandemie hat uns aber auch vorhandene Defizite deutlich vor Augen geführt. Zum einen denken wir hierbei an die teilweise noch täglichen „Schulbus-Probleme“. Zu volle Schulbusse gelten als eine potentielle Gefahrenquelle für eine Ansteckung von Kindern und Jugendlichen und damit auch indirekt für ihre Lehrerinnen und Lehrer sowie für die Eltern. 

Wir begrüßen den Einsatz unseres Landkreises zur Verbesserung der Situation auf mehreren Linien. Ergänzend dazu sehen wir aber weitere dringende Bedarfe im Bereich des ÖPNV. Wir stellen deshalb zwei ergänzende Anträge für die Verbesserung der Busangebote im Raum Welzheim und Alfdorf sowie für eine dauerhafte Beibehaltung der Buslinie 330 vom Klinikum in Winnenden bis nach Kaisersbach. 

Darüber hinaus sehen wir ein großes Potential für unseren Landkreis in der Einführung eines Seniorentickets. Das Modell, Anreize für die Abgabe des Führerscheins zu schaffen und gleichzeitig die ÖPNV-Angebote auszuweiten, trägt sowohl zur Sicherheit als auch zum Umweltschutz bei. Wir beantragen deshalb die Einführung eines kreisweiten Seniorentickets im nächsten Jahr. 

Das Modellprojekt im Bereich der Wasserstofftechnologie genießt unsere volle Unterstützung. Wir sind der Auffassung, dass uns die hier eingesetzten Mittel langfristig in Sachen Klimaschutz und Technologievorsprung sehr zugute kommen werden. Denn gerade in unserer starken Wirtschaftsregion gilt es, alles dafür zu unternehmen, dass unsere mittelständischen Unternehmen und Technologieführer, die die Beschäftigung und den sozialen Frieden garantieren, gestärkt aus der Krise hervorkommen.

Meine Damen und Herren, 

besonders betroffen von den Auswirkungen der Pandemie war und ist auch der Bereich von Bildung und Betreuung. Investitionen in die Förderung der Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher sind deshalb auch immer Investitionen in die Zukunft. Wir stellen deshalb einen Berichtsantrag am Beispiel der Anna-Haag-Schule in Backnang, inwiefern die Qualität der Ausbildung kreisweit vereinheitlicht werden kann. 

Auch das Freizeitverhalten war und ist in Zeiten der Pandemie starken Veränderungen unterworfen. In unseren Wäldern, die durch die Klimaveränderungen sowie die langen trockenen Sommer ohnehin bereits stark gestresst sind, zeigt sich der immer öfter zu Tage tretende Konflikt zwischen Mountainbikern, Waldbesitzern, den Jägern und den Revierförstern. Wir begrüßen deshalb die Initiative unseres Forstamts zur Schaffung legaler Trails unter Beteiligung aller Interessengruppen, insbesondere der betroffenen Kommunen. Wir beantragen deshalb zusätzliche Mittel, um vor allem im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit hier entsprechend gut arbeiten zu können. 

Der Einrichtung einer Waldakademie am Mönchhof als pädagogisch sinnvolle Ergänzung stehen wir aufgeschlossen gegenüber. 

Einsparungsmöglichkeiten sehen wir infolge der Forstreform sowie im Ansatz bei zusätzlichen Mitteln für vakante Stellen, die nun bereits im Vorfeld entsprechend finanziert werden sollen. Für beide Bereiche beantragen wir eine Reduzierung der Mittelansätze von jeweils 100.000 Euro, zusammengenommen also 200.000 Euro, die wir im Wege einer globalen Minderausgabe festsetzen würden. Ausgenommen hiervon sind aber explizit die Aufgaben der Gesundheitsversorgung sowie der Digitalisierung. 

Seit Jahren investieren wir enorme Summen in die Sanierung und lassen uns über die Umsetzung der Sanierungen berichten. Wir hören aber auch, dass eine Erhöhung der zur Verfügung gestellten Sanierungsmittel nicht umgesetzt werden könnte. Gleichzeitig stellen wir aber fest, dass der Sanierungsstau zunimmt und die Bugwelle im Bereich der Sanierung an kreiseigenen öffentlichen Liegenschaften und Gebäuden nicht kleiner wird. Daher beantragen wir, dass ein Sanierungskonzept erstellt wird, das umsetzbar ist und die Bugwelle abbaut. Der bisher eingeschlagene Weg führt nicht zu einem Erhalt des Vermögens, sondern zu einem Schwund. Das wollen wir nicht weiter hinnehmen. 

Des Weiteren beantragen wir eine Ergänzung der im letzten Jahr vorgesehenen Finanzierungsleitlinien. Wir sind froh, dass der Kreistag auf unseren Antrag hin entsprechende Finanzierungsleitlinien beschlossen hat. Diese sind ein maßgeblicher Grund dafür, warum der Hebesatz der Kreisumlage nach dem Vorschlag der Verwaltung auf den nominal niedrigsten Stand seit 1995 festgesetzt werden kann, wenngleich das Aufkommen in den letzten Jahren aufgrund der Entwicklung der Steuerkraftsummen dennoch stetig gestiegen ist. 

Unser Antrag hat zum Ziel, den derzeit für den Landkreis beschlossenen Vorwegabzug abzuschaffen. Hierbei handelt es sich letztendlich nicht um eine „milde Gabe“, sondern ausschließlich um die Anrechnung von zu viel eingesammelten Umlagemitteln auf das neue Rechnungsjahr. Analoge Regelungen bestehen bereits in anderen Landkreisen. 

Die Anstrengungen im Bereich der Digitalisierung und des Breitbandausbaus der Gigabitregion begrüßen wir außerordentlich. Wir sind dankbar, ein modernes und motiviertes Team in der Verwaltung sowie ein handlungsfähiges Kreismedienzentrum im Landkreis ansässig zu haben. 

Sehr geehrte Damen und Herren, 

im Namen unserer Kreistagsfraktion darf ich mich für die gute und konstruktive Zusammenarbeit im Jahr 2020 bedanken. 

Wir Freien Wähler verstehen uns selbst als Vertreter der kommunalen Basis und sind der Überzeugung, dass es gerade in Zeiten von Corona nicht darum gehen sollte, aufgrund zweier bevorstehender Wahlen hier und heute politische Schlachten zu schlagen, sondern stattdessen im guten Miteinander die jeweils besten Lösungen für uns vor Ort zu finden. Dass uns dies in der Pandemie bislang weitestgehend gelungen ist, ist maßgeblich dem intensiven Einsatz und den großen Bemühungen der Landkreisverwaltung sowie den Städten und Gemeinden mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu verdanken. 

Wir danken Ihnen, sehr geehrter Herr Landrat, für Ihren großen persönlichen Einsatz sowie der gesamten Kreiskämmerei um Herrn Schäfer für die rechtzeitige Einbringung des Haushalts trotz schwieriger Umstände.

Inwiefern uns die Auswirkungen der Pandemie langfristig finanziell belasten werden, wird sich erst noch weisen. Wir sollten deshalb unseren Haushalt bewusst auf Sicht fahren. Gleichzeitig besteht aber auch keine Notwendigkeit für dauerhaften Pessimismus. Ich möchte insofern schließen mit einem Zitat des bekannten irischen Schriftstellers Oscar Wilde, der einmal gesagt hat:

 

„Am Ende wird alles gut werden, 

und wenn es noch nicht gut ist, 

dann ist es auch nicht das Ende.“

 

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!